Nord(kap)Tour 2014
02.08.14 - Tag 14 Jokkmokk - Lappeasuando
Vor vielen Jahren gewann Boris Becker als erster Deutscher Wimbledon. Im Interview gab er immer an,
dass alles im Kopf entschieden wird. Damals habe ich das nicht verstanden. Auch unsere Tour ist
Kopfsache. Die Motivation ist entscheidend. Die ersten Tage hatten wir als Ziel, die ersten 100, 500 und
dann 1000 km zu schaffen. Man kann aber auch auf den Tacho schauen und irgendwann entdeckt man bei
1492 Amerika. Gestern haben wir den 30 Jährigen Krieg überstanden. Heute gab es die französische
Revolution und sogar noch die Völkerschlacht. Sicher ist diese Art der Tachomotivation limitiert, aber wir
freuen uns durchaus, wenn wir 1945 die zwei Weltkriege hinter uns gelassen haben oder auf den
Tachostand der Wiedervereinigung.
Ja, ich gebe zu, über die Strecke haben wir dieses Konzept auch noch nicht wirklich nutzen können,
schließlich ist dies hier unsere längste Tour. Allerdings kann man die geschichtlichen Daten auch bei
Höhenmetern in den Alpen anwenden. Man fährt einen Pass mit 2000 Metern und da funktioniert das auch.
Ansonsten sind die Landschaften unsere Motivation. Die schwedischen
Straßen sind perfekt, glatt und ohne Schlaglöcher und das meine ich
auch für die Ränder. Damit es so bleibt, muss man auch mal sanieren.
Heute hatten wir die erste wirkliche Baustelle. Die Schweden räumen
dazu die alte Straße komplett ab. Wir fuhren dann heute 7 km über eine
Schotterpiste. Unsere Rennradbereifung hat die Baustelle aber gut
überstanden. Susanne fährt übrigens 23 mm und ich 25 mm Reifen.
In Gällivare verließ uns die Inlandsbahn.
Über 746 km, ab Östersund lief sie fast immer parallel zu unserer Straße. Auf
dieser Strecke verkehrt täglich genau ein Zug in jede Richtung und er benötigt
14 Stunden. Die Bahn wird überwiegend von Touristen genutzt. An einigen
wenigen Bahnhöfen der Strecke gibt es noch Formsignale.
Formsignale sind mechanische Eisenbahnsignale, bei denen der Signalbegriff
durch bewegliche Elemente dargestellt wird. Formsignale werden seit der
Anfangszeit der Eisenbahn nach dem Vorbild der optischen Telegrafie
verwendet. Bei uns sind sie in der Regel durch Lichtsignale verdrängt worden.
Mal sehen, was der morgige Tag uns bringt.
Statistik:Tageskilometer: 153, Gesamtkilometer: 1.852, Höhenmeter: 1.152, Gesamthöhenmeter: 13.653
Standort N 67° 29.421 E 021° 07.133, Spendenstand 134 Cent je Kilometer
03.08.14 - Tag 15 Lappeasuando - Sopperogarden
Nach ca. 20 Kilometern sahen wir einen Wegweiser nach Pajala. Wir freuten uns darüber, da wir vor
einigen Jahren einen Bericht über deutsche Auswanderer nach Pajala gesehen hatten. Direkt bei dem
Schild begann eine 7 Kilometer lange Baustelle. Diesmal war der Splitt richtig gemein und wir mussten uns
sehr konzentrieren. Zwei Dinge waren auffällig. Es wurde heute am Sonntag intensiv gearbeitet. Alle
Maschinen waren in Bewegung. Außerdem taten auch Frauen diesen harten Job. Nach gut 6 Kilometern
war es dann soweit. Susanne hatte einen Platten. Ich wechselte den Schlauch und Susanne schob den
letzten Kilometer, aus Sorge, gleich wieder platt zu fahren.
Als wir dann wieder entspannt radelten und uns orientierten kam es ungefähr zu folgendem Dialog:
“Du, wir sind falsch.”
“Nein.”
“Doch.”
“Ooh.”
“Du, wir müssen die ganzen 7 Kilometer durch die Baustelle zurück fahren.”
“Nein.”
“Doch.”
“Ooh.”
Wir haben gegen Tourregel 5 verstoßen. Sie besagt: Fahre keine unnötigen Strecken. Da hilft nichts. Wir
haben den Schweiß abgetupft, den Staub aus dem Trikot geklopft und die Räder um 180° gedreht, um den
schwedischen Bauarbeitern noch einmal für 7 Kilometer bei ihrem Tagwerk zuzusehen. Ein bisschen tat es
schon weh. Das mit dem bisschen war gelogen. Immerhin hatten wir bei der zweiten Durchfahrt keinen
Platten.
Energie scheint in Schweden kein Problem zu sein. Lange Lichtertrassen an einsamen Landstraßen sind
ein Zeichen dafür. Die Energie kommt von großen Wasserkraftwerken, die Herr Vattenfall gebaut hat. Eines
war am Lilla Lule Älv. Ein schöner Name.
Heute schlafen wir in einer christlichen Gemeinde, die auch
Zimmer vermietet. Nicht, dass wir uns dies gezielt ausgesucht
hätten. Es war einfach nur der einzige Ort auf einer Strecke
von 52 Kilometern nach Vittangi. Wir wurden freundlich
angesprochen und als Maria, eine ältere Schwedin von
unserer Tour und auch der Spendenaktion hörte, fragte sie, ob
sie für uns beten dürfe. Natürlich. Sie nahm unsere Hände
und tat es sehr eindrucksvoll.
Morgen wollen wir Schweden in Richtung Finnland verlassen. Es ist unglaublich, wie weit wir schon
gekommen sind. So langsam trauen wir uns, an das Nordkapp zu denken. Es sind noch ca. 574 km zu
fahren. Mal sehen, was der morgige Tag uns bringt.
Statistik: Tageskilometer: 111, Gesamtkilometer: 1.963, Tageshöhenmeter: 481, Gesamthöhenmeter:
14.134, Standort N 68° 05.487 E 021° 41.738, Spendenstand 135 Cent je Kilometer (neue Spender: Stefan
Gietl 1 Cent, Danke)
04.08.14 - Tag 16 Sopperogarden - Hetta
Kurz vor der finnischen Grenze knacken wir die 2000-
Kilometermarke. Ich hatte da schon mal etwas vorbereitet :-).
Dann erfolgte der Grenzübertritt nach Finnland. Wer denkt, dass
sich durch diesen Staatenwechsel nichts ändert, der irrt. Finnland
hat ein Stunde Zeitverschiebung nach vorne. Plötzlich war es
eine Stunde später.
Warum das denn? Ein Blick auf unsere Ostkoordinate hilft. Wir
sind mit mehr als 23° ziemlich weit im Osten, ungefähr auf der östlichen Länge von Riga oder Sofia und da
geht die Sonne eben deutlich eher auf. Je weiter wir nach Norden kommen, um so kürzer sind die
Abstände zwischen den Längengraden und da kann man halt mal relativ schnell östlich von Sofia sein. Nur
zum Vergleich, Magdeburg liegt auf 11° östlicher Länge.
Kurz vor unserem Hotel in Hetta lieferte ich mir noch ein Rennen mit
hier üblichen Gefährten. Ich glaube ich hatte einen saisonalen Vorteil.
Morgen wollen wir wieder in unsere Zeitzone zurück. Das sollte in
Norwegen klappen.
Statistik: Tageskilometer: 121, Gesamtkilometer: 2.084,
Tageshöhenmeter: 458, Gesamthöhenmeter: 14.592, Standort N 68°
23.097 E 023° 38.312, Spendenstand 135 Cent je Kilometer
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